Antrag auf Zulassung der Berufung
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Antrag auf Zulassung der Berufung beim OVG
hier: Mein Beitrag zur Begründung

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  1. Die Rechtssache hat m. E. in mehrfacher Hinsicht grundsätzliche Bedeutung:
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    • Das Bundesministerium der Verteidigung (die Beklagte) hält die Vorschriften des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG) für nicht anwendbar und hat sie deswegen nicht beachtet. Die Auffassung der 27. Kammer des Verwaltungsgerichtes Köln, „dass die Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 6 SBG auf Fälle der vorliegenden Art, in denen  es um eine Entscheidung des Bundespräsidenten geht, bereits nicht abwendbar ist“, ist m. E. rechtsirrig, denn die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach § 50 Soldatengesetz (SG) ist zwar von der letztendlichen Entscheidung des Bundespräsidenten abhängig, gleichwohl ist diese Personalmaßnahme in allen administrativen Details vom BMVg vorzubereiten und zu vollziehen.
      Mit Schreiben vom 23.01.2006 vollzieht der Abteilungsleiter PSZ – der hier ganz offensichtlich den Bundespräsidenten für einen „Unterschriftenautomaten“ hält - administrativ die Versetzung mit der entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung. Auch die Anlage 4.5 zu diesem Dokument zeigt eindeutig, dass das normale Procedere bei Personalmaßnahmen vorgesehen ist, also muss auch das SBG gelten. Dass das übliche Procedere – unanständigerweise – keine Anwendung fand, spricht für sich. Wenn das BMVg das SBG nicht für anwendbar gehalten hätte, wäre unter „Raum für besondere Vermerke“ Platz für den Hinweis  „SBG findet hier keine Anwendung“ gewesen. (Eine Kopie der Anlage 4.5 zum Dokument AL-PSZ vom 23.01.2006 ist beigefügt).
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    • Von grundsätzlicher Bedeutung ist auch die rechtliche Klärung der Frage, ob der
      § 50 SG, der ja in Anlehnung und im Sinne des § 36 Bundesbeamtengesetzes (BBG) im Soldatengesetz verankert ist, um „die Amtsführung der in der Vorschrift bezeichneten Berufsoffiziere in bestmöglicher Übereinstimmung mit der Regierungspolitik zu halten“, unter Ausschaltung und Missachtung der Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung (WDO) , z. B. zur Vermeidung der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens, missbraucht werden darf. Auch für Generale gilt die WDO. Der §50 SG kann die WDO nicht für Teile der Soldaten außer Kraft setzen, es sei denn, die übergeordnete Vorschrift sagt das expressis verbis. Dass disziplinargerichtliche Verfahren gegen Soldaten der Besoldungsgruppe B9 „unüblich“ seien – wie die Beklagt geltend und das Gericht sich auch zu eigen macht – ist kein rechtsverwertbares Argument. Außerdem muss es ja wohl um Recht gehen, nicht um üblich oder unüblich.
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    • Grundsätzlich muss auch geklärt werden, ob die Rechtsauffassung im Hinblick auf Zweifel am „höchstmöglichen Grad einer zielstrebigen, wirkungsvollen Zusammenarbeit im Sinne der von ihr [der Regierung] verfolgten Politik“ als Grundlage für die Anwendung des § 50 SG Bestand haben darf, wenn es in diesem Zusammenhang auch heißt: „Solche Zweifel können auch durch Unwägbarkeiten, sog. Imponderabilien, veranlasst sein, die nicht stets genau zu umreißen sind und deren Offenlegung im einzelnen nicht immer im Sinne der gesetzlichen Regelung liegt. Der zugrundeliegende Sachverhalt muss also nicht aufgrund tatsächlicher Umstände feststehen.“
      Wenn der § 50 Soldatengesetz so ausgelegt wird, dann reicht es möglicherweise tatsächlich, wie es der Richter P. in der Verhandlung am 21.12.2007 ausführte, „dass dem Minister Ihre Nase nicht passt!“
      Wenn dieses Verständnis vom § 50 Soldatengesetz Rechtsgrundlage wird, dann sind dem Missbrauch und der willkürlichen Anwendung auf der Grundlage von „Unwägbarkeiten“ und „Imponderabilien“ Tür und Tor geöffnet.
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      Wenn der zugrundeliegende Sachverhalt nicht stimmen muss und dem Bundespräsidenten auch „in inhaltlicher Hinsicht ein weites Ermessen eingeräumt“ ist, dann reicht es, wenn ein  vorgeschobener oder „gefühlter Vertrauensverlust“ des Ministers artikuliert wird und der Bundespräsident den Gefühlen des Ministers glaubt. Ein solches Rechtsverständnis ist meines Erachtens gegen den Sinn des § 50 SG gerichtet. Es macht ca. 200 Generale und Admirale der Bundeswehr zu Geiseln von Ministergefühlen und leistet einem großräumigen „Duckmäusertum“ im Hinblick auf vorauseilenden Gehorsam und parteipolitisches Wohlverhalten Vorschub.
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    • Grundsätzlich sollte auch geklärt werden, ob es sachgerecht und mit den Soldatengesetzen vereinbar ist, ca. 200 Generale und Admirale mit „politischen Beamten“, die ja – anders als Generale und Admirale – aufgrund ihrer parteipolitischen Zugehörigkeit in ihr hohes Amt kommen, gleichzusetzen und sie somit quasi in eine partei-politische Pflicht zu nehmen. Das steht m. E. gegen die Grundpflicht des Soldaten nach § 7 SG, nach dem auch der General dem deutschen Volk und nicht einer Partei verpflichtet ist und das steht auch gegen den § 15 Soldatengesetz, wonach sich der Soldat nicht zugunsten oder zuungunsten einer bestimmten politischen Richtung betätigen darf.
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  2. Meine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind wie folgt begründet:
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    • Das Gericht hat es zugelassen, dass mir durch die Beklagte jahrelang ein vollständiges rechtliches Gehör widerrechtlich vorenthalten wurde. (Entscheidungsvorlage vom 28.12.2005 im Original)
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    • Das Gericht hat auf der Grundlage einer unvollständigen Aktenlage geurteilt, denn eine Entscheidung des Ministers ist nirgends - entgegen den Vorschriften - aktenkundig dokumentiert. Die Entscheidungsvorlage wurde dem Minister durch den zuständigen Staatssekretär dadurch vorenthalten, dass er den Minister als Adressaten einfach gestrichen hat. Die Beklagte macht geltend, dass der Minister über den Stand der Vorermittlungen laufend mündlich unterrichtet worden sei. Darüber gibt es aber keine Aktenvermerke, bzw. sie wurden nicht vorgelegt. Ein vollständiges rechtliches Gehör wird mir also weiterhin verweigert, und das Gericht hat erkennbar nichts unternommen, um diesem rechtlichen Missstand abzuhelfen.
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    • Das Gericht führt aus, dass es für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundespräsidenten nur darauf ankommt, ob nach seiner Einschätzung auf Seiten des Ministers ein Vertrauensverlust vorliegt.Das sieht das Gericht als gegeben an. Da der Bundespräsident aber keine eigenen Recherchen durchführt, muss er sich auf die Richtigkeit des Antrages, bzw. Vortrages des Ministers verlassen können, wenn er sachgerecht und willkürfrei entscheiden will. Wie nachgewiesen ist der Antrag des Ministers in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Auf einer fehlerhaften Grundlage kann nur fehlerhaft entschieden werden.
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    • Das Gericht geht fälschlicherweise weiter davon aus, dass sich der besagte vermeintliche Vertrauensverlust aus dem „unbefugten Zugänglichmachen“ eines „internen Vermerks“ ohne weiteres herleiten lasse und stellt lapidar fest:
      „Die dagegen vom Kläger vorgebrachten Argumente vermögen diese Würdigung und die aus ihr gezogenen Folgerungen nicht zu erschüttern.“ und verweist auf den Beschluss der Kammer im Eilverfahren am 02.Juni 2006 nach nur summarischer Prüfung.
      Ein Vermerk, der mir dienstlich von der Amtsführung vorgelegt wurde, kann kein „interner“ Vermerk sein, auch wenn er ursprünglich als „Information für die Amtsführung“ und „Nicht zu den Akten“ gekennzeichnet war. Es kann und darf keine „Erkenntnisse aus einem Vorermittlungsverfahren“ geben und auch keine „Persönlich Personalangelegenheiten“, die nicht zu den Akten verfügt werden sollen.
      Es handelt sich also um einen dienstlichen Vermerk, der mir dienstlich vorgelegt wurde, der dadurch auch seinen ursprünglichen Charakter verloren hatte und über den ich in meiner Eigenschaft als höhere Einleitungsbehörde nach dienstlichem Gutdünken verfügen konnte.
      Ganz offensichtlich weigert sich das Gericht, sich mit Tatsachen zu meinen Gunsten auseinanderzusetzen, die den Beschluss des Gerichtes vom 02. Juni 2006 im Eilverfahren nach nur summarischer und kursorischer Prüfung erschüttern.
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    • Das Gericht verweist auf die Begründung dieses Beschlusses vom 02. Juni 2006 im Eilverfahren. Dort wird unterstellt:
      „Die Aushändigung des Vermerks an ihn [GenLt Ruwe] erfolgte nach Angaben des Antragstellers bei seiner Vernehmung vielmehr, somit (?) Generalleutnant Ruwe `im Sinne der Sache positiv´ auf seinen Sohn einwirken könne und damit ausschließlich zu privaten Zwecken.“
      Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung und eine falsche Feststellung.
      Vielmehr war ich dienstlich mit der Sache durch den Amtschef Streitkräfteamt (SKA) befasst. Ich war befugt, mit dem mir dienstlich überlassenen Schreiben nach dienstlichem Gutdünken zu verfahren. Ich habe das Schreiben zu dienstlichen Zwecken an GenLt Ruwe weitergeleitet, denn es ging mir auch darum, mir als Vorgesetztem in der Sache einen eigenen Eindruck von diesem in meinem Verantwortungsbereich offensichtlich verschleppten und unzureichend geführten Verfahren einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Die Information des stv Insp Heer erfolgt übrigens mit Wissen des Amtschefs SKA und des Wehrdisziplinaranwaltes SKA sowie des Generalinspekteurs der Bundeswehr.
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      Die dienstliche Weiterleitung des Vermerks an GenLt Ruwe hat sich, wie dokumentiert, mehrfach dienstlich ausgewirkt, denn ich habe am 24.10.2005 dienstlich einen aufschlussreichen Bericht von GenLt Ruwe über das Gespräch mit seinem Sohn erhalten, der auch dazu beigetragen hat, dass – in Absprache mit dem in den gesamten Vorgang einbezogenen Generalinspekteur – keine Leitungsvorlage gemacht wurde und ich den Amtschef SKA dringend angewiesen habe, dieses verschleppte Verfahren nun zügig voranbringen zu lassen.
      Ich habe dem Streitkrkäfteamt außerdem das Einsetzen einer Ermittlungs-Taskforce angeboten, was vom SKA abgelehnt wurde.
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      Ich handelte also nicht unbefugt, ich handelte nicht – wie unterstellt – „ausschließlich zu privaten Zwecken“ und auch nicht aus persönlicher, sondern ausschließlich aus dienstlicher Betroffenheit. Da ein kameradschaftlich handelnder General ja auch bei Gericht leicht in den Verdacht gerät, ein „kungelnder General“ zu sein, sei angemerkt, dass auch meine kameradschaftliche Handlungsweise dienstlich durch den § 12 Soldatengesetz begründet war. Zu einem privaten Gefallen aus persönlichen Gründen gab es damals – wie bundeswehrweit bekannt – gerade gegenüber GenLt Ruwe keinen Anlass, weil wir aufgrund teilweise grundsätzlich unterschiedlicher fachlicher Auffassungen ein eher gespanntes Verhältnis hatten.
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    • Das Gericht verweist auch auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich eines Pflichtverstoßes gegen § 14 Abs 1 SG.
      Auch das Bundesverwaltungsgericht geht fälschlicherweise davon aus, dass ein interner Vermerk unbefugt aus persönlichen Gründen weitergegeben wurde. Diesbezüglich wurden eine ganze Reihe neuer Aspekte vorgetragen, die das Verwaltungsgericht Köln offensichtlich nicht in seine Entscheidung einbeziehen wollte, bis hin zu der Tatsache, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht vorliegt, wenn es sich um „Mitteilungen im dienstlichen Verkehr“ handelt. Wie dargelegt, handelt es sich bei der Weitergabe des Vermerks an GenLt Ruwe um Mitteilungen im dienstlichen Verkehr.
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    • Die Rechtsauffassung, dass das SBG im Zusammenhang mit dem § 50 SG keine Anwendung findet, begründet auch ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil auch bei einem „Vertrauensverlust“, so unwägbar er auch sein mag, Willkür zu vermeiden ist und der Bundespräsident auf einer richtigen und ausgewogenen Grundlage entscheiden können muss. Erst die uneingeschränkte Anwendung des SBG ist geeignet, eventuelle Willkür und Missbrauch des § 50 SG zu verhindern.

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Ergänzend dazu die Mail an meinen Rechtsanwalt:

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