Ein Wintermärchen
Kopfzeilenbild  
 
:

 .

Zur Startseite:

.

www.hansheinrichdieter.de

 
 

 

Ein Wintermärchen (06.01.2010)

 

 

Es war einmal – wieder die Zeit der Tagungen, Treffen und Klausuren. Die Grünen feiern 30 Jahre Öko-Paxe-Partei in Berlin und schärfen ihre Oppositionsinstrumente. Die Landesgruppe der CSU leckt ihre Wunden in Wildbad Kreuth und „vox populi“-Seehofer hat sich angesagt. Die FDP findet sich zum Drei-Königs-Treffen in Stuttgart ein und hat Gelegenheit zu einer ersten kritischen Bilanz ihrer kurzen Zeit in der Regierungsverantwortung. Die SPD muss sich nicht treffen, sie hat ihren Sonderparteitag schon hinter sich, bisher ohne erkennbare Auswirkungen und die CDU harrt weiter geduldig aus, daran ist sie gewöhnt.

Solche Klausuren und Treffen haben sich schon positiv ausgewirkt, denn es ist ja Gelegenheit zum Innehalten, vielleicht auch zum Nachdenken abseits des politischen Alltagsstresses und es kann teilweise hinter verschlossenen Türen offen und ehrlich diskutiert werden. Da gibt es auch die kleine Chance zur Selbstkritik, und wenn Diskussionsergebnisse vorliegen, dann sind auch Neubewertungen und ein Neuanfang - in Teilen – möglich. Grundsätzlich darf man optimistisch sein.

Optimistisch stimmt schon einmal, dass Außenminister Westerwelle mit seinem neuen Duz-Freund Horst Seehofer vor den Treffen telefoniert haben soll. Detaillierte Ergebnisse dieses Gespräches unter Männern wurden natürlich nicht bekannt. Sie sollen sich aber darauf geeinigt haben, bis auf weiteres auf Profilierungsversuche zu gegenseitigem Schaden zu verzichten und zu einer geschlosseneren Außenwirkung der Koalition beitragen zu wollen. In einem Nebensatz soll Seehofer noch angemerkt haben, dass das für ihn zunächst bis zum politischen Aschermittwoch in Passau gilt.

Horst hat Guido auch anvertraut, dass er sich in der nahen Zukunft hauptsächlich um die Wählerschaft seiner bayrischen Regionalpartei, um die Konsolidierung der bayrischen Staatsfinanzen und um die Austrocknung des Landesbank-Sumpfes kümmern will. Die Landesgruppe der CSU will sich nach seinem Bekunden auf eine enge Zusammenarbeit mit der Schwester CDU konzentrieren. Und besonders erfreulich ist, dass er am Ende des Gesprächs noch angemerkt hat, dass er bereit sei, nach einer Scham- und Schonfrist, eine Korrektur des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes mitzutragen. Manchmal geht nichts über Gespräche unter Männern.

Vizekanzler Westerwelle versteht sich auch als Vermittler zwischen den eng befreundeten Schwesterparteien, hat Kanzlerin Merkel sofort von seinem erfolgreichen Einwirken auf Horst berichtet und sie ermutigt, diese günstige Situation umgehend zu nutzen, um Führungsstärke gegenüber der CSU zu zeigen. Manchmal geht nichts über ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Vize und Kanzlerin.

Der FDP-Vorsitzende Westerwelle ist der Hauptredner auf dem Drei-Königs-Treffen und berichtet den begeisterten Delegierten, wie er massiv auf Horst Seehofer eingewirkt und eine bessere Kooperation eingefordert hat. Da soll es so gefetzt haben, dass er mit der Rücknahme des „Du“ gedroht hat. Aber, es war ja am Ende erfolgreich und gut für die FDP. Denn, wie alle wissen, hat ja die schwarz-gelbe Koalition nach der noch kurzen Regierungszeit eine sehr schlechte Außenwirkung. Und da muss auch die FDP Beiträge zur positiven Imagepflege leisten. Führungsstark beauftragt Westerwelle die Fraktionsvorsitzende Homburger mit der Leitung einer FDP-Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Außenwirkung der Koalition – das bringt ihm nicht nur Zustimmung, denn einer seiner Parteifreunde soll ihm im Pausengespräch gesagt haben, damit habe er (in Anlehnung an den Bock-Gärtner-Spruch) „die Ziege zur Hobby-Gärtnerin“ gemacht. Parteifreund Solms erhält den Auftrag, unverzüglich am Entwurf eines neuen, einfacheren Steuerstrukturkonzeptes zu arbeiten, das die versprochene Entlastung bringt und gleichzeitig für jedes Entlastungsprojekt die Gegenfinanzierung aufzeigt. Jedem Bürger soll klar sein, dass die FDP die Schuldenbremse und die Verantwortung gegenüber den nachwachsenden Generationen sehr ernst nimmt. Und in seiner flammenden Rede kündigt Westerwelle auch an, dass es jetzt an der Zeit ist, „Führung“ in der Afghanistanpolitik zu übernehmen und deswegen habe er sich auch entschlossen, an der Londoner Konferenz teilzunehmen, um die Dinge nicht in eine militaristische Richtung laufen zu lassen.

Die Causa Steinbach sei aufgrund der Starrköpfigkeit der CDU-Politikerin ziemlich verfahren, ruft er den Delegierten zu, vernünftige Kompromisse werde er aber eingehen, um die Sache im Sinne einer gutnachbarschaftlichen Beziehung zu Polen vom Tisch zu kriegen. Wenn Steinbach erst einmal verhindert ist, werde er aber den Polen auch klipp und klar sagen, dass er Verunglimpfungen sowie Diffamierungen deutscher Staatsbürger und von antideutschen Emotionen getriebene Politik in Zukunft nicht goutieren werde – ein deutliches und ehrliches Wort muss ja unter guten Nachbarn möglich sein.

Im Hinblick auf seine bevorstehende Reise in die Türkei und in den Nahen Osten teilt er den Parteifreunden noch mit, dass er in der Türkei sowohl die Kurden-Problematik als auch die Zypern-Frage klar ansprechen werde. Und auch in den arabischen Staaten werde er für eine Politik auf der Grundlage der jüngsten EU-Resolution zur Lösung des Nahost-Konfliktes eintreten.

Die Partei ist zufrieden und zuversichtlich, dass der FDP-Vorsitzende und Außenminister seine Sache gut machen wird.

Und die FDP-Minister haben sich auch inhaltlich intensiv auf das Treffen vorbereitet. Wirtschaftsminister Brüderle umreißt sein Konzept für eine global- und zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik. Gesundheitsminister Rösler stellt seine Überlegungen für eine Gesundheitsreform vor, die die Ärzte von bürokratischem Aufwand deutlich entlastet, den Beruf des Arztes wieder attraktiver macht, die Gesundheitskosten senkt und so letzten Endes nicht dem System sondern den Menschen nützt. Entwicklungsminister Niebel zeigt deutlich auf, wo er zukünftig in der Entwicklungshilfe Schwerpunkte setzen will und was er mit seinem Ressort in den Entwurf einer Gesamtstrategie für Afghanistan einbringen will. Und letztendlich stärkt der neue Generalsekretär mit jugendlicher Frische liberalen Mut und Selbstbewusstsein.

Die Parteifreunde sind froh, dass ihnen Perspektiven aufgezeigt wurden und sie nun eine solide Grundlage haben für die Informationsarbeit an der Basis. Und die Delegierten gehen mit dem Gefühl, die FDP ist in der Regierungsverantwortung angekommen und bringt sich gestaltend ein.

Aber da sie – glücklicherweise - nicht gestorben sind, machen sie weiter Politik wie sie es für parteipolitisch erfolgversprechend halten.

Die ersten Nachrichten von den Treffen und Klausuren sind nicht gerade märchenhaft.

(06.01.2010)

 

 

 

.

Zurück zur Startseite:  www.hansheinrichdieter.de