Evangelische Angriffe auf die Politik
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Evangelische Angriffe auf die Politik  (02.01.2010)

 

 

Kirche soll ihren Glauben und ihre Soziallehre in unserer Gesellschaft anbieten, muss sich deswegen auch an der gesellschaftlichen Diskussion beteiligen und soll so den Menschen Hilfe und Orientierung geben. Kirche soll sicherlich nicht hochmütig belehren oder diffamierend werten.

Die evangelische Kirche in Deutschland hat nach peinlicher und unchristlicher Nichteinmischung im Dritten Reich heute durchaus schon eine Tradition politischer Einmischung. Das ist zu begrüßen, wenn es im Hinblick auf die politischen Parteien ausgewogen, nicht eitel politisierend sowie gutmenschelnd friedensbewegt und dabei nicht an politischer oder gesellschaftlicher Realität orientiert, geschieht.

Da konnte man schon ganz froh sein, dass der  sehr eitel erscheinende EKD-Ratsvorsitzende Bischof Huber (SPD) den Vorsitz abgegeben hatte. Gegenüber seiner offenbar stark links-orientierten Nachfolgerin Margot Käßmann hatte er aber jetzt erkennbar den Vorteil, dass er an sich selbst intellektuell zu hohe Ansprüche hatte, um sich populistisch-friedensbewegt anzubiedern.

Pünktlich zum Fest der Liebe hat Frau Käßmann in gleich mehreren Interviews den Abzug unserer Soldaten aus Afghanistan gefordert und das bei ihrer Neujahrspredigt in der Dresdener Frauenkirche von der Kanzel wiederholt. Dabei geht es Frau Käßmann offensichtlich nicht um das Wohl der Menschen in Afghanistan sondern ums pazifistische Prinzip. Krieg setze ein Gewaltpotenzial frei, für das es keine Rechtfertigung gebe. Aus ihrer Sicht ist es nicht nur schlecht, dass Deutschland das drittgrößte Kontingent der Streitkräfte in Afghanistan stelle sondern auch der drittgrößte Rüstungsexporteur sei. „Wir verdienen auch noch an den Kriegen, die wir dann beklagen.“

Wenn es Käßmann um das Wohl der Menschen in Afghanistan ginge, dann hätte sie außer den unverbindlichen und oberflächlichen Reden und der „Es gibt keinen gerechten Krieg“-Rhetorik auch aufgezeigt, wie sie sich die Zukunft in Afghanistan ohne militärische Absicherung des Aufbaus vorstellt. Stattdessen beklagt sie nur den „Vorrang des Militärischen“, fordert aber gleichzeitig das Unterbrechen des Waffen- und Drogenhandels, der den Terror finanziere. Wenn es Frau Käßmann um das Wohl der durch Krieg und Terror geschundenen Bevölkerung in Afghanistan ginge, dann hätte sie klar und deutlich gesagt, wie sie sich die Beendigung der kriegsähnlichen Zustände in Afghanistan vorstellt, wie sie mit einem „Vorrang des Zivilen“ ohne militärische Absicherung die Not der Menschen lindern und die Lebensbedingungen verbessern will. Käßmann geht es nicht um das Wohl der Menschen, denn sie hat nicht wie Kanzlerin Merkel von einem „Abzug in Verantwortung“ sondern von einem „geordneten Rückzug“ gesprochen. Das klingt mehr nach Organisation als nach Ethik. Aber es geht ja ums Prinzip.

Wenn es Frau Käßmann um die afghanische Bevölkerung ginge, dann hätte sie sich mit der politischen und gesellschaftlichen Lage in Afghanistan befasst und dann aufgezeigt, bei welchem erreichten politischen und gesellschaftlichen Zustand der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan nach Auffassung der evangelischen Kirche zu verantworten wäre. Und die EKD-Ratsvorsitzende hätte auch die Eckpunkte eine „zivilen Lösungsstrategie“ aus evangelisch-kirchlicher Sicht dargelegt.

Mit ihrer platten und unreflektiert erscheinenden Kritik am Afghanistan-Engagement diffamiert Käßmann nicht nur die Soldaten der Bundeswehr, die auf der Grundlage einer Mehrheitsentscheidung des Deutschen Bundestages in Afghanistan der Bundesrepublik Deutschland treu dienen, sie setzt auch die verantwortlichen Politiker herab, die sich nach reiflicher Überlegung entschieden haben, auch mit militärischen Mitteln für mehr Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit in Afghanistan einzutreten. Und Käßmann verhält sich hinsichtlich der geleisteten umfangreichen Entwicklungshilfe und der Aufbauleistungen der vielen zivilen Helfer und der Polizei wenig mitmenschlich und christlich, wenn sie deren engagierte Arbeit so wenig würdigt. Hier wird Bischöfin Käßmann auch ihrer seelsorgerischen Aufgabe nicht gerecht.

Mit ihrer Kritik am Afghanistan-Einsatz entspricht die EKD-Ratsvorsitzende zwar dem mehrheitlichen Gefühl der deutschen Bevölkerung – deswegen äußert sie sich ja auch so -  sie wird aber mit ihren aus meiner Sicht verantwortungslosen Aussagen der politischen Realität und den gesellschaftlichen Bedürfnissen in Afghanistan nicht gerecht. Frau Käßmann schadet sich, der evangelischen Kirche, den Soldaten in Afghanistan und den zivilen Aufbauhelfern.

Ziel, Dauer und Rahmenbedingungen von Auslandseinsätzen müssen von den demokratisch gewählten Politikern, an der jeweiligen realen Lage orientiert, definiert und entschieden werden. Wenn die Kirche sich in solche politischen Entscheidungs-Prozesse mit ihren ethischen Vorstellungen und mit Rat einbringt, dann kann sie den Menschen helfen. Hochmütige und anmaßende Belehrungen von der hohen Kanzel ohne Substanz und realen Hintergrund schaden uns allen.

(02.01.2010)

 

 

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