Menschen in unserer Demokratie
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Menschen in unserer Demokratie (01.11.2010)

 

In unserer Demokratie ist die Würde des Menschen unantastbar. Das ist gut so, würde Herr Wowereit sagen, und ich stimme ihm zu, ohne seine Gefühlswelt, seine politische Überzeugung und seinen Geschmack zu teilen.

Die Menschen, deren Würde in unserer Gesellschaft unantastbar ist, sind höchst unterschiedlich. Das macht die Buntheit und Vielfalt unseres Zusammenlebens aus.

Der demokratische Patriot sieht die demokratischen Pflichten vor den Rechten und ist allein dadurch schon in Gefahr, in die erzkonservative, rechte Ecke gestellt zu werden.

Der demokratische User nutzt unsere demokratische Freiheit, hauptsächlich, weil es ihm nützt. Wenn er Steuern und Rundfunkgebühr bezahlt, ist auch er nützlich.

Der demokratische Looser ist durch demokratische Freiheit verunsichert und fühlt sich ohne die Unterstützung des Blockwartes einigermaßen verloren. Eine Förderung demokratischer Kultur ist von diesem Bürger nicht zu erwarten.

Der demokratische Proletarier ist vornehmlich lohnorientiert und will für ausreichend Arbeit ausreichend Knete. Das ist ein vertretbares Anliegen.

Der demokratische Hartz IV-Bezieher sieht seine prekäre Situation vorwiegend gesellschaftbedingt und das Maß der Zuwendung eher als unwürdige Zumutung. Man sollte ihm eine Informationsreise nach Ost-Europa oder in die USA finanzieren.

Der demokratische Spießer ist ganz zufrieden mit dem, was ist, deswegen auch eher indifferent und politisch sehr wenig gebildet. Er nimmt sein Wahlrecht nur in Anspruch, wenn ihm das Bauchgefühl sagt, dass es sein muss.

Der demokratische Sozialist ist zutiefst verunsichert, weil er nicht so recht weiß, ob er für gesellschaftlichen Fortschritt oder für die Anliegen der Gewerkschaften sein soll; außerdem weiß er nicht so recht, ob er Herrn Gabriel trauen und glauben kann.

Der demokratische Konservative findet in unserer Parteienlandschaft kein wirkliches Zuhause. Er ist unzufrieden mit dem Werteverfall und einer Politik, die wenig an langfristigen Zielen oder Konzepten orientiert scheint und zunehmend beliebig wirkt.

Dem demokratischen Grünen ist unheimlich zumute, denn er weiß nicht so genau, ob er weiter basisdemokratisch sein will oder einer neuen "Volkspartei" angehören soll, die in möglicher Regierungsverantwortung dann solcher Verantwortung zu Lasten schöner grüner Ideen auch gerecht werden muss - und das mit dem wenigen geeigneten Personal.

Der demokratische Liberale ist grundlegend frustriert durch das Erscheinungsbild von Homburger, Pieper, Niebel etc., durch das haarsträubend schlechte Image von Westerwelle oder Rösler und teilweise auch Brüderle und durch die verheerenden Umfragewerte, auch aufgrund politischer Fehlleistungen und schlechter Kommunikation an sich richtiger politischer Ziele.

Der demokratische Christ hat mit Mixa, Käßmann und Skandalen genug zu tun, ist besorgt wegen der zunehmenden Zahl von Kirchenaustritten und wundert sich, dass das christliche Abendland zunehmend durch muslimische Parallelkultur verändert wird.

Der demokratische Muslim wundert sich über die Integrationsaufregung, denn er kann Deutsch, seine Kinder sind gut in der Schule, er zahlt Steuern und hat zwei Angestellte. Er wohnt aber auch nicht in Kreuzberg oder in einem der vielen ähnlichen Viertel deutscher Städte.

Der demokratische grüne "Kehrwochen-Fetischist" lebt nach dem Motto "Schaffe, schaffe, Öko-Häusle baue“ und ist im Augenblick durch Schichtengagement bei Stuttgart 21-Demonstrationen engagiert aber etwas abgelenkt, wenn nicht demokratisch fehlgeleitet.

Der demokratische grüne Hanseat wohnt im Zuge der Elbchaussee und wählt trotz herausgehobener Stellung und hohen Einkommens grün, weil er von solchen Politikern am ehesten erwartet, dass sie seine schöne Wohnlage zumindest schön grün halten.

Der demokratische "Sklave" ist an das System angepasst, traut sich nicht aus vermeintlicher "politischer Korrektheit" und aus Angst in die Ecke gestellt zu werden, seine Meinung offen zu sagen, und schwimmt opportunistisch halt so mit. Den darf ein demokratisches Gemeinwesen eigentlich nicht mögen.

Die demokratische Mehrheit wird genau durch diese Vielfalt und Buntheit gebildet. Und von dieser demokratischen Mehrheit geht alle Gewalt aus. Wenn die Ausübung demokratischer Macht nicht unterlegt ist durch politische Bildung, dann kann es für das System gefährlich werden. Dem müssen alle Demokraten entgegenwirken.

Der demokratische Politiker macht in zunehmendem Maße eine "Drei-Säle-Karriere", Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal, und hat ohne Berufsausübung weniger Verständnis für die Belange der Bevölkerung. Politiker müssen heute eine immense Datenfülle bewältigen und haben die schwierige Aufgabe, komplexe politische Probleme zum Wohle des Volkes zu lösen und müssen dann solche komplexen politischen Zusammenhänge einem politisch relativ gering gebildeten Souverän plausibel vermitteln. Viele unserer demokratischen Politiker müssen in ihrer schweren Aufgabe erheblich wachsen. Unsere Demokratie braucht solche Anstrengung.

(01.11.2010)

 

 

 

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