Mündige Bürger
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Mündige Bürger (01.05.2010)

 

 

Demokratien sind auf Dauer nur lebensfähig mit politisch mündigen Bürgern.

In der Wiege der Demokratie Griechenland demonstriert eine unglaublich große Zahl mündiger Bürger gegen den Sparkurs der Regierung, die den Staatsbankrott abwenden will. Politisch mündig scheinen diese Bürger nicht zu sein, denn sie sind offenbar nicht in der Lage zu erkennen, dass sie selbst über Jahre korrupte Politiker gewählt haben und in nicht geringer Zahl von Korruption und Steuerbetrug profitiert haben. Dort wo alle Macht vom Volke ausgeht, trägt das Volk auch Verantwortung, egal ob es das begreift oder nicht. Politisch unmündige Bürger werden dieser Verantwortung aber nicht gerecht werden können, zum Nachteil des Gemeinwesens.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den 28.04., von der deutschen Öffentlichkeit wenig beachtet, den Berufsbildungsbericht 2010 verabschiedet. Demnach verlassen rund 60.000 Jugendliche die Schule ohne Hauptschulabschluss. In dem Bericht wird eine mangelnde Ausbildungsreife vieler Jugendlicher, hauptsächlich wegen fehlender Lese- und Mathematikbefähigung, beklagt. 3.200 Bildungslotsen sollen Abhilfe schaffen und lernschwache Schüler bereits ab der 7.Klasse unterstützen.

Mehr als die Hälfte der Ausbildungsbetriebe (54 Prozent) organisiert inzwischen wegen mangelnder Ausbildungsreife in irgendeiner Form Nachhilfe im Unternehmen, damit die Anforderungen einer Ausbildung durch unsere jungen Bürger bewältigt werden können. Das geht aus der Ausbildungsumfrage 2010 hervor, die heute vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin vorgestellt wurde.

Die Kultusministerkonferenz beklagt seit langem die abnehmende Qualität der Hochschulreife und die damit einhergehende rückläufige Studierfähigkeit unserer Studenten. Auch hier geht es um mangelnde mathematische Befähigung aber auch um eklatante Lücken in Geschichtskenntnissen und im Verständnis politischer Zusammenhänge.

Werden die Schülerinnen und Schüler immer dümmer? Welchen Beitrag leisten die Eltern, welche Qualität und dementsprechende Erfolge haben die Lehrer? Die mangelnde Bildung junger deutscher Bürger ist inzwischen ein hochbrisantes politisches Thema, das durch PISA-Schock erfreulicherweise mehr Aufmerksamkeit erfährt, allerdings bisher ohne viel Hoffnung machende Ergebnisse.

Kurz und wenig gut, in Deutschland herrscht offenbar eine erschreckende Bildungsarmut, die die positive Entwicklung unserer Gesellschaft behindern und verlangsamen wird. Und im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung werden in absehbarer Zeit Fachkräfte und Akademiker in großen Zahlen fehlen. Damit verbunden sind erhebliche Nachteile im globalen politischen und wirtschaftlichen Wettbewerb.

In unserer Gesellschaft darf es aber nicht nur um Ausbildungsreife und Studierfähigkeit im Hinblick auf ein erfolgreiches Berufsleben gehen. Es geht auch um das Gemeinwesen. Und da machen die in mehreren Umfragen festgestellten großen Defizite der jungen Staatsbürger hinsichtlich ihres politischen Urteilsvermögens und ihrer Kritikfähigkeit große Sorgen. Die jungen Leute sind nicht nur zunehmend nicht studierfähig und nicht ausbildungsfähig, sie sind auch zunehmend politikunfähig. Mündigkeit und Wahlberechtigung bedeutet noch nicht politische Mündigkeit.

Am 09.05.2010 wird in NordrheinWestfalen gewählt. Und da ist es doch die Frage, auf welcher Grundlage denn nun die eingeschränkt studier-, ausbildungs- und politikfähigen Staatsbürger ihren politischen Willen entwickeln, zur Kritik und Interessenwahrnehmung befähigt werden und urteilskompetent eine demokratische und selbstbestimmte Wahlentscheidung treffen sollen?

Die Wahlmanager haben offenbar keine große Hoffnung in die kognitiven Fähigkeiten der Wähler. Deswegen lautet auch eine Überschrift im heutigen Generalanzeiger im Zusammenhang mit Wahlwerbung „Auf Inhalte kommt es nicht zwingend an“. Und da stellen die Politiker sich selbst und den Bürgern ein Armutszeugnis aus. Die Politiker haben es versäumt, die Bürger besser politisch bilden und damit politisch mündig werden zu lassen. Und die Bürger verharren in ihrer auch selbst verschuldeten politischen Unmündigkeit. Viele Bürger lesen keine Programme oder können sie nicht verstehen und lassen es zu, dass vornehmlich über Schlagworte und Parolen Stimmungen erzeugt werden und an ihre Bauchinstinkte und politischen Gefühle appelliert wird. Und dann wundern sich die Bürger, dass sie von Politikern, die ihnen das Verständnis für wahre politische Informationen nicht zutrauen, unwahr oder unvollständig informiert werden und sind zunehmend verdrossen und resigniert.

Dadurch entziehen wir unserem demokratischen System die Grundlagen. Denn auch in unserer Gesellschaft geht alle Gewalt vom Volke aus. Der Bürger übt diese Gewalt über seine Teilnahme am politischen Willensbildungsprozess und Wahlbeteiligung aus. Wenn der Bürger aber nicht politisch mündig ist, wird er der damit verbundenen großen Verantwortung nicht gerecht. Deswegen müssen wir unsere Bürger in die staatsbürgerliche Pflicht nehmen, wenn wir unsere freiheitlich demokratische Grundordnung erhalten, ein Mindestmaß an demokratischer Kultur garantieren und radikalen Einfluss von rechts oder links verhindern wollen.

Wir fordern jetzt richtigerweise von Migranten Erfolg bei Einbürgerungstests als Voraussetzung für das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft.

Warum verlangen wir von unseren Bürgern vor Erreichen der Volljährigkeit nicht das Bestehen eines allgemeinen und gleichen Staatsbürgertestes als zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an demokratischen Wahlen?

Unsere Freiheitlich Demokratische Grundordnung hat nur mit politisch mündigen Bürgern eine gute Zukunft. Diese gute Zukunft ist alle Anstrengungen wert.

(01.05.2010)

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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