Offensiven in Afghanistan
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Offensiven in Afghanistan (25.04.2010)

 

Die Gegensätze könnten nicht deutlicher sein. Hier der engagiert aber etwas friedenseuphorisch verwirrt wirkende Abgeordnete der Grünen Ströbele am 22.04.2010 im Bundestag sowie  am 23.04.2010 im Interview im Deutschlandfunk und dort der sicherheitspolitisch in Afghanistan in Verantwortung stehende militärische Vollprofi US-General McChrystal während seines Deutschlandbesuches am 21./22.04.2010.

Ein Ausschnitt aus einem Interview im Deutschlandfunk am 23.04.2010:

„…

Heinemann: Herr Ströbele, Experten schildern, dass die Taliban Nachschubkorridore aufgebaut haben von Pakistan aus. Soll die Bundeswehr da tatenlos zusehen?



Ströbele: Die Bundeswehr soll natürlich, wenn es irgendwie Waffennachschub oder Ähnliches gibt, versuchen, das zu unterbinden.



Heinemann: Mit offensiven Operationen?



Ströbele: Nein! Sie soll nicht mit offensiven Operationen vorgehen; sie soll vor allen Dingen nicht die Leute, mit denen verhandelt werden soll, mit Killerkommandos versuchen, zu liquidieren, wie das die Amerikaner tun und wie das - jedenfalls besteht der Verdacht - auch Bundeswehrsoldaten sich an solchen Aktionen beteiligen. Da gibt es extralegale Hinrichtungen, da gibt es Gefangennehmen oder Töten, und in der Regel endet das mit Töten. Die Amerikaner führen eine Strichliste - und diese Strichliste wird immer länger - von getöteten Personen.



Heinemann: Herr Ströbele, man lernt ja nie aus. Ich habe auf Ihrer Internet-Seite gelesen, dass Sie Kanonier der Reserve sind. Wie würden Sie denn mit dieser Expertise jetzt diese feindlichen Nachschubwege ausschalten?



Ströbele: Indem man sie anhält und die Waffen wegnimmt und die Taliban-Leute verhaftet. …“

Der Grüne Ströbele ist sicher ein etwas eigenartiger Abgeordneter im Deutschen Bundestag, aber die Interview-Aussagen sind doch irgendwie symptomatisch. Nicht nur Schönfärberei, Vertuschung und unzureichende bis unwahre Information der Öffentlichkeit waren kennzeichnend für die deutsche Afghanistanpolitik, sondern auch immer Heuchelei. Natürlich will man Sicherheit für die afghanische Bevölkerung und den Wiederaufbau, aber gezielt schießen sollten die Soldaten der Bundeswehr möglichst nicht. Wir wollen Sicherheit, die Politiker wollen das aber mit grundsätzlich defensiven Maßnahmen erreicht wissen und nehmen dabei in Kauf, dass die Taliban durch Initiative, Überraschungseffekte und bessere Geländekenntnis am Ort des Hinterhaltes ihrer Wahl im Vorteil sind – zum gravierenden Nachteil für Leib und Leben unserer Soldaten. Wir wollen auch die Sicherheit Deutschlands am Hindukusch verteidigen und wissen, dass dazu die Strukturen der Taliban zerschlagen werden müssen, diffamieren aber mögliche und erfolgversprechende offensive Operationen als Aktion von „Killerkommandos“ beim Abarbeiten von Strichlisten für „extralegale Hinrichtungen“. Herrn Ströbele wird in seiner friedensverwirrten Art noch nicht einmal bewusst sein, dass er durch solches Geschwafel nicht nur die amerikanischen sondern auch die Soldaten der Bundeswehr perfide diffamiert.

Und die Kanzlerin sagt, Deutschland übe sich aus gutem Grund in militärischer Zurückhaltung. „Das ist Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland.“ Der Grundsatz mag außen- und sicherheitspolitisch gelten, auf operativer und taktischer Ebene muss man den Soldaten auch die lageentsprechenden Rahmenbedingungen für erfolgreiche Auftragserfüllung geben. Erfolg hat man in kriegerischen Auseinandersetzungen nicht durch militärische Zurückhaltung sondern durch lagegemäße Anwendung des verfügbaren Gewaltspektrums.

Und noch ein kleiner Ausschnitt:

„…Heinemann: Also hat Rot-Grün die Bundeswehr unter falschen Voraussetzungen nach Afghanistan geschickt?



Ströbele: Nein! Damals war man der Auffassung, dass mit einer Entsendung der Bundeswehr und der NATO nach Afghanistan, mit den zwei Einsatzmandaten, dass damit nach einem halben Jahr etwa in Afghanistan Frieden und eine demokratische, nicht korrupte Regierung eingesetzt werden könne. …“

Solche Phantasten vertreten unser Volk im Parlament, informieren die Bürger entsprechend und dann wundern wir uns, warum die Mehrheit der Bevölkerung offenbar das  deutsche Afghanistanengagement ablehnt.

Und dann kommt der militärische Fachmann, der nicht nur von Verantwortung redet, sondern der solche Verantwortung für Leib und Leben der ISAF-Soldaten auch direkt trägt, und gibt dem deutschen Parlament und verantwortlichen Politikern ein ungeschminktes Bild der Lage und seine sicherheitspolitischen und militärischen Schlussfolgerungen.

McChrystal sagt, die ISAF-Truppen hätten die Initiative noch nicht erlangt, aber die Aufständischen hätten sie seit dem vergangenen Jahr definitiv verloren. Die Taliban seien stark, hätten aber keine breite Unterstützung in der Bevölkerung. Das Wort „Offensive“ sei im Zusammenhang mit der Strategie missverständlich. Es gehe um allmählich wachsende Sicherheit in bestimmten Regionen, gewährleistet durch afghanische Sicherheitskräfte, unterstützt von den Alliierten; besser sei der Vergleich mit steigendem Wasser.

Und McChrystal bekräftigte, dass streng darauf geachtet werden müsse, zivile Opfer zu vermeiden, und dass die afghanischen Kräfte möglichst schnell in die Lage versetzt werden sollen, selbst für die Sicherheit im Land zu sorgen. Dazu gehöre, dass die Sicherheitskräfte von Militär und Polizei von der Bevölkerung als Teil ihrer Sicherheit und nicht als Teil der Bedrohung empfunden würden. Das ist sehr geschickt formuliert für deutsche Ohren und die Ströbeles in der deutschen Politik.

Aber der amerikanische General wird natürlich auch sehr konkret. Aus seiner Sicht habe die Bekämpfung der Aufständischen zunächst im Süden Priorität. Aber auch im Norden sei eine konsequente und effiziente Bekämpfung der Aufständischen (Counterinsurgency) nötig. Das Regionalkommando Nord und dessen deutscher Kommandeur trage dafür die volle und uneingeschränkte Befehlsgewalt. Dafür brauchen die deutschen Truppen im Norden Afghanistans allerdings massive amerikanische Unterstützung. Diese Unterstützung wird auch gewährt werden.  McChrystal  wird in den kommenden Wochen mindestens 56 Hubschrauber unterschiedlicher Kategorie nach Kunduz und Masar-i-Sharif verlegen. Das tut er nicht umsonst. Wenn der Schwerpunkt der Offensiven in den Verantwortungsbereich des deutschen Regionalkommandos Nord verlegt wird, dann werden die deutschen Truppen mit amerikanischer Unterstützung auch der Verantwortung für offensive Operationsführung gerecht werden müssen.

Die Zeit, die für diese Mission bleibe, sei sehr knapp bemessen, sagt McChrystal. Deswegen ist es höchste Zeit, dass die Bundesregierung und der deutsche Bundestag die Grundlage dafür legen, dass unsere Sicherheitskräfte der auf sie zukommenden Verantwortung auch gerecht werden können. Da reicht es dann nicht mehr, unseren „defensiven Charakter“ geltend zu machen. Deutschland muss dann auch zu offensiver Operationsführung bereit sein und darf sich einem Counterinsurgency-Konzept, auf dessen Grundlage die Taliban initiativ und offensiv bekämpft werden können, nicht länger verschließen.

Und US-General McChrystal macht auch deutlich, dass 2010 entscheidend wird für die Bundeswehr in Afghanistan  und dass das Risiko für deutsche Soldaten zumindest kurzfristig steige.

 

Der Verteidigungsminister hat sicher sehr gut zugehört und sagt, das Partnering-Konzept berge "neue und größere Risiken" als die bisherige Einsatzführung. Die Situation im Norden werde "gefährlich, in Teilen sogar sehr gefährlich". Es nutze nichts, "um den heißen Brei herum zu reden".

So weit so gut. Nun müssen nur noch die politischen Absichten sowie Ziele korrigiert und angepasst werden. Bundestag und Bundesregierung müssen sich endlich bereitfinden zu einer an den Realitäten orientierten Sicherheitspolitik und dafür die Mehrheit der Bürger gewinnen.

Die Regierungserklärung und die anschließende Debatte im Deutschen Bundestag am 22.04.2010 haben dazu noch keinen zielführenden Beitrag geleistet.

(25.04.2010)

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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