Partnering
Kopfzeilenbild  
 
:

 .

Zur Startseite:

.

www.hansheinrichdieter.de

 
 

 

 

Partnering – Chance und Risiko (18.04.2010)

 

Einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine parlamentarische Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zur Folge ist es vorgesehen, „dass deutsche Truppenteile in Zukunft nur noch gemeinsam mit ANA-Einheiten Operationen durchführen. Dabei ist nicht auszuschließen, dass sich diese Operationen auch gezielt gegen Aufständische richten werden.“

Für dieses sogenannte Partnering durch deutsche ISAF-Kräfte seien zwei Ausbildungs-/Schutz-Bataillone mit jeweils 700 Soldaten vorgesehen, die ab August 2010 ausgebildet und dann bei Operationen gegen die Taliban begleitet und dabei militärisch unterstützt werden sollen. Dabei soll der Ansatz grundsätzlich defensiv sein, das schließe offensive Operationen allerdings nicht aus. Dieser defensive Charakter wird dadurch unterstrichen, dass Deutschland kein Counterinsurgency-Konzept hat, auf dessen Grundlage die Taliban initiativ und offensiv bekämpft werden könnten.

Das neue Partnering-Konzept soll zwar erst ab Ende 2010 wirksam werden, die jüngsten beklagenswerten deutschen Verluste werden  trotzdem damit bereits in Verbindung gebracht und von Teilen der Opposition abgelehnt, bevor es in die afghanische Realität umgesetzt wird, weil erhebliche Risiken für die deutschen Soldatinnen und Soldaten gesehen werden, wenn  deutsche mit afghanischen Kräften  noch mehr als bisher in der Fläche abseits der bisherigen Standorte operieren würden.

Ein solches erhöhtes Risiko kann natürlich nicht einfach von der Hand gewiesen werden, denn es wird zwangsläufig zu mehr und intensiveren Gefechtshandlungen kommen und unsere Soldaten beim Partnering die Risiken mit ihren afghanischen Kameraden teilen müssen. Außerdem ist man naturgemäß bei intensivierter Ausbildung und verstärkten Operationen gegen die Taliban in der „Fläche“, abseits der bisherigen Standorte, angreifbarer als im sicheren Lager. Deswegen sollte der Verteidigungsminister die Risiken auch nicht kleinreden oder ggf.  Sorgen vom Tisch wischen, sondern gerade auch anlässlich der jüngsten schmerzlichen Verluste, das Parlament und die Bürger ehrlich und umfassend über die Risiken des Partnering informieren - aber auch die Chancen dieses Ansatzes deutlich aufzeigen.

Wenn Deutschland möglichst bald zusammen mit der internationalen Staatengemeinschaft Verantwortung an afghanische Institutionen und an die Afghan National Army (ANA) übergeben will, dann  muss ein Mindestmaß an Sicherheit im Norden Afghanistans, wo Deutschland derzeit die Verantwortung hat, gewährleistet und das Übertragen solcher Verantwortung verantwortbar sein. Auch aufgrund deutscher Sicherheitspolitik und der defensiven Ausrichtung unseres militärischen Engagements haben sich die Taliban im Norden konzentriert und richten ihre Gefechtstätigkeit mehr und mehr gegen die deutschen Einsatzkräfte. Die Lage im ehemals ruhigen und „friedlichen“ Norden gleicht sich immer mehr der Situation im umkämpften Osten und Süden an. Mit – mangels hinreichend starker Kampftruppen - sehr eingeschränkter Patrouillen-Tätigkeit aus den sicheren Lagern ohne ausreichenden nachhaltigen Kontakt zur Bevölkerung ist diese sich verschlechternde Lage nicht zu stabilisieren oder in den Griff zu bekommen. General McChrystal hat von den deutschen Truppen nicht umsonst eine intensivere Ausbildung und Vorbereitung auf die Beteiligung bei der im Norden geplanten Offensive gefordert. Und wenn wir ab 2011 beginnen wollen, „ruhigere Distrikte“ in die Verantwortung der Afghanen zu übergeben, dann ist Partnering eine der  Chancen mit Aussicht auf – wenn auch möglicherweise zu geringe – Erfolge.

Wenn Deutschland allerdings hinreichend Aussicht auf Erfolge haben will, dann reichen die derzeit mandatierten deutschen Kampftruppen nicht aus. Und mit einem innenpolitisch motivierten vorwiegend „defensiven Ansatz“ werden wir auch keinen Erfolg haben, weil er erneut den Taliban die Initiative überlässt, zum Nachteil unserer Soldaten und ihrer afghanischen Kameraden.

Wenn Deutschland im Norden Afghanistans bei der Gewährleistung von hinlänglicher Sicherheit der Bevölkerung, aber auch im asymmetrischen Krieg gegen den islamistischen Terrorismus der Taliban Erfolg haben will, dann muss Deutschland unseren Soldaten auch die Rahmenbedingungen für Erfolg schaffen, das heißt deutlich mehr Kampftruppen und die entsprechende Ausrüstung und Bewaffnung. Und Erfolg wird sich nicht, oder zumindest nicht nachhaltig, einstellen, wenn wir die nachteilige Beschränkung auf „Defensive“ nicht endlich aufgeben und die Taliban initiativ und offensiv auf der Grundlage eines deutschen, mit den Partnern abgestimmten Counterinsurgency-Konzeptes nachhaltig bekämpfen. Wir können nicht ständig mit angezogener Handbremse fahren und trotzdem Ziele frühzeitig erreichen wollen.

Bundeskanzlerin Merkel hat dankenswerterweise nach den jüngsten Verlusten kurz und eindeutig festgestellt: "Wir müssen den Einsatz fortführen." Dann aber sollten wir auch berechtigte Aussicht auf Erfolg haben. Keine wirkliche Chance ohne Risiko. Deutschland wird leider noch mehr Verluste haben, die aber sollten nicht umsonst gewesen sein.

(18.04.2010)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

.

Zurück zur Startseite:  www.hansheinrichdieter.de