Skepsis gegenüber Politikern
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Skepsis gegenüber Politikern (30.12.2009)

 

 

Ich bin optimistischer Demokrat und würde gerne am Ende des Jahres 2009 positiv über deutsche Politik schreiben können.

Politik ist dem Wohl des Gemeinwesens verpflichtet und da steht die Bundesrepublik Deutschland, auch im Vergleich mit anderen europäischen Staaten, nicht schlecht da. Wir Deutschen leben in einer stabilen Demokratie, haben unter Anwendung des Prinzips der sozialen Marktwirtschaft eine sehr leistungsfähige Wirtschaft aufgebaut, die auch Krisen zu bewältigen scheint, wir haben ein funktionierendes Sozialsystem und leben in einer vor 1948 nicht gekannten Freiheit. Mit dem was deutsche Politik für die Bundesrepublik erreicht hat, können wir sehr zufrieden sein.

Die Menschen in Deutschland haben sich an das Leben auf der Basis der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung mit ehemals ständig steigendem Wirtschaftswachstum und in sozial abgesichertem Wohlstand gewöhnt und wollen hinter diesen Standard natürlich nicht zurückfallen -  Finanz- und Wirtschaftkrise hin oder her. Deswegen beobachten die interessierten Bürger die derzeit verantwortlichen Politiker sehr genau und begleiten die aktuellen politischen Entscheidungen kritisch. Und insbesondere am Ende des Krisenjahres 2009 sind die deutschen Bürger sehr skeptisch.

Eine neue Studie der Bertelsmannstiftung registriert einen dramatischen Vertrauensverlust bei vielen Menschen. 70 Prozent der Befragten in dieser Studie, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt, zählen weder auf die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft noch auf das Bildungssystem oder das soziale Netz. Fast jeder Zweite stellt deswegen sogar die repräsentative Demokratie infrage. Dieser massive Vertrauensverlust der Bürger in die Politiker hat viele Gründe.

Es ist den Politikern und den Leistungsträgern in der Wirtschaft offensichtlich nicht hinreichend gut gelungen, Politik und Wirtschaft zeitgerecht den Bedingungen der Globalisierung anzupassen.

Politiker und Parteien haben sich von den Bürgern und Mitgliedern entfernt und sich durch beschönigende, teilweise unwahre Informationen ins Glaubwürdigkeitsabseits manövriert. Es ist den Politikern nur selten gelungen, den Bürgern ihre Politik plausibel zu erklären und die Bürger „mitzunehmen“.

Auch dadurch ist die SPD z. B. so stark angeschlagen und mit sich selbst beschäftigt, dass sie zwar sehr laute aber keine gute Oppositionspolitik macht. Das beeinträchtigt die Glaubwürdigkeit der Politiker zusätzlich.

Politische Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise, wie z.B. Abwrackprämie, Bankenrettungspaket oder die Opel-Entscheidungen werden eher als Schuldentreiber denn als nachhaltig wirksame Maßnahmen beurteilt.

Das Vertrauen in das Finanzsystem, Banken und Bankmanager ist nachhaltig gestört und nicht umsonst fordert der Finanzfachmann und Bundespräsident mehrfach ethisch orientiertes Verhalten der Entscheidungsträger im Finanzsystem ein. Und die Politiker in den Aufsichtsräten sind ihrer Verantwortung vielfach nicht gerecht geworden. Warum sollte man in solche Politiker Vertrauen haben?

Vertrauen der Bürger, dass der gigantische Schuldenberg abgebaut werden kann und die Belastungen für unsere Kinder und Kindeskinder zurückgefahren werden, ist nicht ausgeprägt vorhanden.

Sich ständig widersprechende Gutachter-Aussagen und „Weisen“-Prognosen tragen auch nicht zur Vertrauensbildung bei.

Die schwarz-gelbe Regierung kann unter diesen Vorzeichen im Augenblick machen was sie will, die politischen Entscheidungen werden, vorzeitig torpediert durch lautes Oppositionsgeschrei, das durch interessierte Medien noch verstärkt wird, nicht als tragfähig und zukunftsorientiert aufgefasst.

Und die Bundesregierung trägt durch Vielstimmigkeit und unterschiedliche Zielrichtungen massiv selbst so stark zu diesem schlechten Image bei, dass Bundestagspräsident Lammert ihr Erscheinungsbild öffentlich kritisiert, sich z.B. vom „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ öffentlich distanziert und zum Ausdruck bringt, „für die kommenden Gesetze – zum Beispiel die Steuerreform – erwarte er mehr Sorgfalt.“ Was soll der Bürger davon halten, wenn der Präsident des für die Legislative zuständigen Bundestages die Arbeit der Politiker derart massiv kritisiert?

Vertrauensverlust überall. Protest der Studenten. Abkehr einiger Bürger von unserem politischen System. Erstarken der SED-Nachfolger. Und dann gilt auch noch Minister zu Guttenberg als „entzaubert“, fragt sich nur, wer ihn verzaubert hat.

Das zeigt, dass "gefühlte Politik" nicht tragfähig ist. Populismus à la Seehofer sowie an Stimmungen der Bürger orientierte politische Entscheidungen überzeugen auf Dauer nicht. Gefragt ist strikt an der Sache und einer guten Zukunft orientierte Politik, ohne taktische Spielchen und ohne "erkaufte" oder faule Kompromisse, die den Bürgern plausibel erklärt werden kann. Die Politiker - allen voran Kanzlerin Merkel - müssen durch solche Politik überzeugen und durch ehrliche Information Vertrauen zurückgewinnen. Wenn das nicht gelingt, wird die derzeit berechtigte Skepsis möglicherweise in öffentlichen Protest - die Studenten haben das schon mal geprobt - und Formen der außerparlamentarischen Opposition umschlagen. Damit wäre Deutschland sicher nicht geholfen.

(30.12.2009)

 

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