Tiefstes Sommerloch
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Tiefstes Sommerloch (29.07.2010)

 

Wir sind im tiefsten Sommerloch. Ein schlagender Beweis dafür ist, dass das ARD-Hauptstadt-Studio keinen aussagefähigeren und glaubwürdigeren Politiker als Interviewpartner findet als Ex-Verteidigungsminister Jung. Vielleicht ist aber auch der Urlaubsvertretung bei der ARD entgangen, dass nicht nur Sicherheitspolitiker, einschlägige Medien und militärische Fachleute den Schönfärber und Verschleierer Jung für einen, gelinde gesagt, unglücklichen Minister hielten und halten.

Vielleicht ist aber auch der Urlaubsvertretung entgangen, dass es der meist ahnungslos wirkende Ex-Minister Jung war, der mit der damaligen Sprecherin der FDP im Verteidigungsausschuss, Homburger, mit der Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate einen falschen und faulen Kompromiss ausgehandelt und damit „die Wehrpflicht in Richtung Sinnlosigkeit verkürzt und so zerstört“ hat, wie der kenntnisreiche Ex-Verteidigungsminister Rühe richtig anmerkt.

Die inzwischen verfügte Verkürzung der Einberufung auf sechs Monate sieht der gescheiterte Ex-Verteidigungsminister dann natürlich auch keineswegs als Farce, sondern eher als Rettungsschirm für die Wehrpflicht: "Wenn man die Wehrpflicht effektiv ausgestaltet auf sechs Monate, dann ist sie sinnvoll.“ Wie häufiger hat Jung ganz offensichtlich bei den Koalitionsverhandlungen nicht zu Ende gedacht, den Kompromiss im Vordergrund gesehen und die Auswirkungen der Verkürzung auf sechs Monate weder auf die Sinnhaftigkeit des Grundwehrdienstes noch hinsichtlich der Auswirkungen auf den Ersatzdienst bedacht. So wurde bei den vielfältigen Versuchen, einen sechsmonatigen Grundwehrdienst effektiv auszugestalten, sehr schnell deutlich, dass aus Unsinn nicht wirklicher Sinn zu machen ist.

Da ist es schon besser, die Wehrpflicht konditioniert auszusetzen, als von jungen Staatsbürgern einen militärisch unsinnigen und sicherheitspolitisch nicht zu begründenden, zu kurzen Wehrdienst abzuverlangen. Ex-Minister Jung hat mit zu kurzer Grundwehrdienstdauer die Wehrpflicht höchst persönlich ad absurdum geführt und zu einer Zumutung für junge Staatsbürger werden lassen, das sollte selbst er mit ein wenig Selbstkritik verstehen lernen.

Und die Urlaubsvertretung im ARD-Hauptstadtstudio hat nicht berücksichtigt, dass Jung Verteidigungsminister zu Guttenberg gerne Revanche-Vorwürfe macht und den innerkoalitionären Streit zu Lasten seines Nachfolgers schürt. Denn er hat die deutlichen Worte zu Guttenbergs am 10.11.2010 vor dem Bundestag nicht vergessen:

"Die Koalitionspartner haben sich für die nächsten Jahre viel vorgenommen, gerade auch hinsichtlich der Strukturen der Bundeswehr. Wir haben uns ein ehrgeiziges, ja, ein ambitioniertes Programm gegeben, damit die Bundeswehr die herausfordernden Aufgaben annehmen und ihnen gerecht werden kann."

Denn wenn die Koalition sich viel vorgenommen hat, gerade auch hinsichtlich der Strukturen der Bundeswehr und dazu ein ehrgeiziges und ambitioniertes Programm erforderlich ist, dann muss ja sehr vieles im Argen liegen. Und offensichtlich kann die Bundeswehr die herausfordernden Aufgaben nach Auffassung der politischen Leitung derzeit weder annehmen noch ihnen gerecht werden. Einen schlimmeren Satz Ohrfeigen kann man dem ehemals für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zuständigen „Dreigestirn“ mit Jung als Bauer kaum verpassen.

Und zu Guttenberg führt weiter aus:

"Wir wollen, dass das Denken vom Einsatz her die Organisations- und auch die Führungsstrukturen der Bundeswehr künftig noch stärker durchdringt, ein Denken, das dann realitätsgebunden ist." (10.11.2009)

Der damals für die Einsätze der Bundeswehr zuständige Generalinspekteur Schneiderhan hat es also nicht geschafft, am Einsatz orientiertes Denken in der Bundeswehr zu etablieren und einsatztaugliche Organisations- und Führungsstrukturen zu schaffen. Der Hinweis auf die Realitätsferne trifft allerdings wohl eher den schlecht beratenen Vorgänger Jung. Das ist eine mit Nonchalance vorgetragene aber doch ziemlich vernichtende Kritik.

Solche Hintergründe und Zusammenhänge sollte man bei der Auswahl von Interviewpartnern selbst im tiefsten Sommerloch berücksichtigen und Aussagen entsprechend bewerten.

(29.07.2010)

(Lesen Sie auch: http://www.md-office-compact.de/HalbherzigeWehrpflicht.htm und http://www.md-office-compact.de/ZukurzeWehrpflicht.htm )

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