Typische sicherheitspolitische Lethargie
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Typische sicherheitspolitische Lethargie (16.11.2010)

 

Die Weise-Kommission macht sehr weitreichende Vorschläge und gibt äußerst mutig zielführende Empfehlungen für eine zukunftsfähige Bundeswehr. Der Änderungsbedarf wurde in dem Zusammenhang sehr pointiert herausgearbeitet. Die sicherheitspolitische Diskussion daraufhin ist eher typisch deutsch. Vor der Bekanntgabe der Kommissionsergebnisse gibt es eine lebhafte, wenig sicherheitspolitische aber hoch-provinzielle Diskussion um die vorgeschlagene Verlegung des Verteidigungsministeriums nach Berlin. Es wird in den Medien erwähnt, dass auch die Weise-Kommission die Aussetzung der Wehrpflicht befürwortet. Und dann echauffieren sich die bekannten Medien über die "katastrophalen und skandalösen Verhältnisse" bei der Großbürokratie Bundeswehr – offensichtlich ohne den Bericht ganz gelesen zu haben. Danach die typische sicherheitspolitische Lethargie – ausgenommen wenige engagierte Blogger. Wenn man diskutieren wollte, müsste man den Bericht dann auch ganz lesen, richtig verstehen, zusätzlich recherchieren und sich mit einer fundierten eigenen Meinung auch festlegen. Daran fehlt es leider in Deutschland. Wir haben keine sicherheitspolitische Kultur, von einer sicherheitspolitischen Diskussionskultur ganz zu schweigen.

Dabei fordert die Kommission selbst: „Einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Diskurs über die Bundeswehr, ihren Auftrag und ihre Einsätze zu führen. Dazu gehört auch eine von Beginn an transparente Diskussion über Entscheidungen zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte.“ Der Beginn war schon, die transparente Diskussion hat noch nicht eingesetzt.

Und die Kommission sagt auch: „Die Bundeswehr ist integraler und akzeptierter Bestandteil unserer Gesellschaft. Es fehlt jedoch ein tragfähiges, gesellschaftsübergreifendes Verständnis über den Auftrag der Bundeswehr. Die sich verändernde Sicherheitslage und die neuen Einsatzprofile verlangen einen ständigen Diskurs mit dem Ziel eines gesellschaftlichen und politischen Konsens und eines vertrauensvollen Verhältnisses zwischen Bundeswehr und Gesellschaft.“ Die Kommission spricht hier eklatante demokratische Missstände an, die Bundesregierung belebt die erforderliche Diskussion dennoch zurzeit nicht und das Parlament, das diesen Diskurs im Namen des Volkes führen muss, klagt – mit einem larmoyanten Präsidenten an der Spitze - über zu hohen Beratungsdruck, wo doch der, die Kontrolle über die Regierung ausübende, Bundestag den Takt vorgeben müsste. So wird Politikerverdruss weiter gesteigert und ein tragfähiges, gesellschaftübergreifendes Verständnis für den Auftrag der Bundeswehr nicht erreicht werden. Dabei wäre es wichtig, die grundsätzlichen Empfehlungen der Kommission politisch zu diskutieren, bevor die Fachleute prüfen und sich in die Details verlieren.

Die Kommission gibt den verantwortlichen Politikern noch einen gehörigen Satz Ohrfeigen, wenn sie sagt: „Der bisherige Mangel an eindeutigen und verbindlichen politischen Vorgaben importiert politische Konflikte in die Bundeswehr.“ So weit haben unsere Politiker möglicherweise noch nicht gelesen. Es fehlt der empörte Aufschrei ob dieser – meines Erachtens sehr richtigen Feststellung – oder die beschämte aber zügige Einleitung von politischen Maßnahmen, um dieser Ursache von Missständen und Fehlentwicklungen in der Bundeswehr abzuhelfen, als Voraussetzung für tiefgreifende und weitreichende Veränderungen.

Und die Kommission beklagt hier natürlich auch die schlechten Rahmenbedingungen ihrer Arbeit. Denn es ist natürlich nicht einfach, ohne Kenntnis der vitalen außenpolitischen und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands, ohne Kenntnis des deutschen Beitrages zur zukünftigen NATO-Strategie, ohne ein deutsches strategisches Konzept zugrunde legen zu können und basierend auf den stark veralteten Aussagen des Weißbuches 2006, Empfehlungen für eine zukunftstaugliche Bundeswehr bis 2030 geben zu müssen.

Unsere verantwortlichen Politiker haben allen Grund, ihre Lethargie zu überwinden!

(16.11.2010)

 

 

 

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