Vertrauensverlust
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Vertrauen zurückgewinnen!

 

 

Wir in Deutschland sind eine hochentwickelte, fortgeschrittene und moderne Gesellschaft. Das Funktionieren unserer Systeme basiert auf umfassendem Wissen, fundierter Sachkenntnis und rationalem Entscheidungsverhalten der Verantwortungsträger. Und das Funktionieren unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung hängt von der politischen Mündigkeit der Staatsbürger sowie von Sachkenntnis und Verantwortungsbewusstsein der gewählten Volksvertreter ab.

In der Theorie sollte rationales Agieren emotionales Reagieren deutlich überwiegen.

Im realen und immer komplexer werdenden Leben müssen wir allerdings zur Kenntnis nehmen, dass Wissen und Sachkenntnis einer stetigen und schnellen Veränderung unterliegen und Systeme nur noch arbeitsteilig mit vielfältig spezialisierten Sachkenntnissen zu bewältigen sind. Die notwendigen Informationen und das verfügbare Wissen zur jeweiligen Problemlösung wachsen deutlich schneller als der politisch mündige Staatsbürger verarbeiten kann. Deswegen ist er auf Medien, Fachleute, Experten, „Weise“ und gewählte Vertreter angewiesen, denen er die Problemlösung anvertraut.

Ohne solches Vertrauen der Staatsbürger funktionieren moderne politische und wirtschaftliche Systeme heute nicht mehr, denn der einzelne ist häufig – wenn überhaupt – nur noch in der Lage, Lösungsansätze einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen. Deswegen scheinen politische und auch wirtschaftliche Systeme in weiten Teilen eher von Psychologie getrieben als von Ratio bestimmt zu sein.

Der Bürger schenkt aber auf Dauer nur Vertrauen, wenn das Vertrauen gerechtfertigt wird, wenn sich politische und wirtschaftliche Verantwortungsträger als vertrauenswürdig erweisen. Und da sieht es ziemlich schlecht aus, wenn man Umfragen und Untersuchungen zum Thema Vertrauensverlust zugrunde legt.

Eine Untersuchung in 60 Nationen hatte 2004 zum Ergebnis, dass in Deutschland über 70% der Bevölkerung den politischen und wirtschaftlichen Entscheidern wenig oder kein Vertrauen schenkten. Dabei ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen das Misstrauen stärker ausgeprägt. Das Ergebnis würde heute wohl kaum anders ausfallen. Keine guten Bedingungen in Zeiten von Finanz- und Konjunkturkrisen!

Hier muss sicher die Frage nach den Ursachen für Vertrauensverlust oder gar Vertrauensentzug gestellt werden.Die jüngste Vergangenheit macht die Ursachenforschung relativ leicht.

Die massive Steuerhinterziehung einzelner Wirtschaftsführer und die Liechtensteiner Steueraffaire haben die Glaubwürdigkeit von Wirtschaftsvertretern stark beeinträchtigt. Der immense Druck durch Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschaftsprozesse hat sicher auch dazu geführt, dass das Wertesystem der sozialen Marktwirtschaft beeinträchtigt wurde. Nach einer Allensbach-Analyse von 2008 sind 69 Prozent der Bevölkerung überzeugt, dass auf den Führungsetagen der Wirtschaft generell ein Verfall von Anstand und Moral zu beobachten ist.

Bei der Bevölkerung ist nicht ganz unberechtigt dieser Eindruck entstanden, dass für Unternehmer Rendite deutlich vor sozialer Verantwortung rangiert und shareholder value weitaus wichtiger ist als die Belegschaft. Das enttäuscht die Arbeitnehmer und reduziert das Vertrauen. Warum sollte der Arbeitnehmer auch Vertrauen haben, wenn man ihm – wie im Fall Nokia – nicht plausibel erklären kann, warum er seinen Arbeitsplatz aufgeben muss, der dem Unternehmen nachweislich hohe Gewinne eingebracht hat?

Die Finanzkrise betrifft viele Bürger direkt und es ist offensichtlich, dass Profitgier verantwortungsbewusstes Risikoverhalten deutlich überlagert hat und die Entscheidungsträger den Überblick über ihre globalen Geschäfte in Milliardenhöhe längst verloren haben. Anfang 2008 sagte Deutsche-Bank-Chef Ackermann noch, er habe „keine Zweifel an der Stabilität des Banksystems“. Die Bilanz für 2008 weist dann einen hohen Milliardenverlust der Deutschen Bank aus. Warum sollte man Vertrauen zu einem solchen Manager haben, zumal er in der Vergangenheit nicht unbedingt nur durch anständiges Verhalten in der Öffentlichkeit aufgefallen ist.

Wenn dann Politiker, vorwiegend der SPD, für Bankmanager Begriffe gebrauchen wie „Heuschrecken“, oder Unternehmenschefs als „neue Asoziale“ bezeichnen und sich mit populistischem Gerede an der Verächtlichmachung wirtschaftlicher Eliten beteiligen, dann verstärkt das den Vertrauensverlust in das wirtschaftliche System und beeinträchtigt natürlich auch das Vertrauen gegenüber Politikern, die sich an solcher pauschalen Managerschelte beteiligen – auch weil der Eindruck entsteht, dass der eine oder andere um sein Profil ringende Politiker von eigenem Versagen ablenken will. Schadenfreude über die Verfehlungen einiger Manager ist nicht angebracht, wenn man den Schaden mit verursacht hat.

Denn einige Politiker in Aufsichtsräten, z. B. der Landesbanken, haben sicher wegen fehlender Fachkenntnis und mangelndem Sachverständnis keine Kontrolle ausgeübt und Rat gegeben, sondern wohl eher geraten, was richtig sein könnte und lagen daneben. Warum sollte man solchen Politikern vertrauen?

Und dann tun Politiker so, als habe der Zusammenbruch von Lehman Brothers in den USA die Welt überraschend und radikal verändert. Dabei war die drohende Finanzkrise bereits Mitte 2007 im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkrise vorherzusehen. Damals schon haben Experten gewarnt, dass Europa sogar stärker in Mitleidenschaft gezogen werden könnte als die USA und dass sich der damit verbundene Vertrauensverlust massiv auf die Weltbörsen auswirken würde. Und die Politik hat zugesehen, dass trotz der Hypothekenkrise die Investoren unvermindert mit hohem Risiko weiter „pokern“. Und auch Kommunen sollen der hohen Rendite wegen Steuergelder mit hohem Risiko angelegt und verloren haben. Das fördert nicht das Vertrauen. Und nun trauen Banken anderen Banken sowie Finanzmanager Wirtschaftsmanagern nicht mehr. Die Anleger trauen der Börse und den Börsenunternehmen nicht mehr über den Weg und ziehen ihr Geld panikartig ab. Politik und „Wirtschaftsweise“ steigern sich mit starker Unterstützung der Medien in sehr unterschiedliche aber immer düster werdende Prognosen hinein, die alles andere als konjunkturförderlich sind. Warum sollte der Bürger in dieser Vertauensverlust-Gemengelage Vertrauen schenken?

Und dabei trauen laut Allensbach (2008) lediglich 32 Prozent der Bürger der Politik zu, die Interessen der Bevölkerung wahrzunehmen. Das spricht für einen fortgeschrittenen Vertrauensverlust. Und dafür gibt es genug Gründe.

In der Zeit der Großen Koalition häufen sich die Fälle, in denen das Bundesverfassungsgericht dem Parlament bescheinigt, unbedachte sowie schludrige Gesetzesarbeit gemacht zu haben und die zuständigen Minister zurechtgewiesen werden, wie auch die Volksvertreter, die solche Gesetze aus Unfähigkeit oder Parteiräson „abnicken“.

So schreibt denn auch die Süddeutsche Zeitung am 21.03.2008: „In Karlsruhe sitzt die Nervenheilanstalt der Republik, dort werden politische Psychosen verarztet und Aufgeregtheiten des Politikbetriebes abgekühlt“. Warum sollte man angesichts der offenkundig mangelnden Qualität der Gesetzesarbeit den Volksvertretern vertrauen?

Und der aufmerksam beobachtende Bürger registriert sehr wohl hektisch betriebene Politik, der Seriosität fehlt, von Medien, Koalitionspartnern, Schwesterparteien getriebene Politiker, die rasante Meinungsänderungen und politische Salti rückwärts vollziehen sowie Standhaftigkeit, Prinzipientreue und Wahrhaftigkeit im Hinblick auf Parteiprogramme vermissen lassen. Es gibt die Leipziger Parteitagsbeschlüsse und die politische Realität der Finanz- und Konjunkturkrise.

Da wird ein Konjunkturprogramm II geschnürt, entgegen jüngster Meinungsäußerungen, die da lauten, die Kanzlerin halte nichts von „beliebig breit gestreuten Konjunkturprogrammen“. Und heraus kommt eine „Flickschusterei“ und ein „Sammelsurium“ von Einzelmaßnahmen als Kompromisse der unterschiedlichen Parteivorschläge und –interessen. Und berechtigte Kritik kommt ja nicht nur von der Opposition, sondern auch massiv aus eigenen Reihen, insbesondere auch im Hinblick auf teure Steuererleichterungen in Kleinportionen. Warum sollte man Politikern trauen, die mit heißer Nadel Schuldenrekorde zu Lasten unserer Enkel verursachen und dadurch eine dringend erforderliche, grundlegende Steuerreform auf lange Sicht unmöglich machen?

Und der Bürger schöpft in solcher Situation auch kein Vertrauen aus Politik, die als Show, quasi in Talkshow-Form, aufgemacht ist.Wenn außerdem selbstverliebte Politiker aus Machtgier Wortbruch und Wahlbetrug begehen sowie Parteigenossen, die eine Gewissensentscheidung geltend machen, in höchstem Maße undemokratisch und unanständig behandeln, dann straft der Bürger sie mit Vertrauensentzug ab, sehr zu Recht!

Solcher Vertrauensverlust hat viele Konsequenzen für das politische System und die freiheitlich demokratische Grundordnung.Aus dem Versagen einzelner Politiker und aus den Verfehlungen einzelner Wirtschaftsvertreter wird auf das ganze demokratische System geschlossen mit Politikverdruss, Parteienverdrossenheit und sinkender Wahlbeteiligung als Folge. Das ist eine für die Demokratie gefährliche Entwicklung. Vertrauen als Schmiermittel unseres demokratischen Getriebes muss zurückgewonnen werden.

Das wird ein schwerer und langwieriger Prozess werden, der die politischen und wirtschaftlichen Verantwortungsträger gleichermaßen fordert wie die Bürger selbst.

Politik und Wirtschaft müssen für den Bürger deutlich erkennbar und spürbar die soziale Marktwirtschaft mit dem dazugehörigen Wertesystem zur Grundlage ihres Handelns machen.

Gerade in Zeiten der Krise hungert und dürstet auch Deutschland nach Persönlichkeiten, die unsere Staatsinteressen über Parteiinteressen stellen und diese Staatsinteressen mutig und standhaft vertreten. Unser Wohlergehen und eine gute Zukunft sind von wirklichen Führungseliten stark abhängig.

Die Bürger selbst müssen sich politisch engagieren und Parteien wählen, die solche Persönlichkeiten in ihren Reihen haben, und dann auch bereit sein, wieder Vertrauen zu schenken.

 

(18.01.2009)

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