Gefühlte Politik
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Gefühlte Politik  (24.März 2009)

 

 

Die Politikfähigkeit der deutschen Bürger wird aufgrund rückläufiger Standards politischer Bildung immer stärker eingeschränkt.

Außerdem haben wir es mit komplexen Problemstellungen in einer vernetzten Welt zu tun und sind einer enormen Entwicklungs- und Veränderungsdynamik ausgesetzt. Der Souverän hat immer weniger Möglichkeiten – aber auch Fähigkeiten – die politischen Problemstellungen zu verstehen; Politiker stoßen in dieser komplexen politischen Welt sehr schnell an die Grenzen ihrer Kompetenzen und auch sogenannte Experten sind häufig nicht mehr in der Lage, stimmige, längerfristig zutreffende oder zumindest verständliche Antworten zu geben.

Politische Willensbildung und auf dieser Grundlage getroffene politische Entscheidungen sind immer seltener rationale und immer häufiger emotionale Entschlüsse. Ausschlaggebend ist heute mehr und mehr ein politisches Bauchgefühl sowie mehr oder weniger sachlich begründetes Vertrauen in Politiker, die sagen, was sie denken, und dann auch tun, was sie sagen. Da viele Politiker solches, aufgrund persönlicher Glaubwürdigkeit erworbenes Vertrauen gerade in der Zeit der Großen Koalition verloren haben, orientieren sich die Bürger vorwiegend an ihrem politischen Bauchgefühl: Wen mag ich, wer kommt gut rüber, wer spricht mich bei Talkshows an, wer erscheint glaubwürdig und nett, wer ist eloquent und beeindruckt auch andere, wer ist allgemein beliebt und wird von den Medien entsprechend dargestellt?

Auf der Grundlage der Beantwortung solcher Fragen entstehen Beliebtheitsskalen deutscher Politiker.

Angela Merkel war lange beliebteste Politikerin, weil sie Bundeskanzlerin und außerdem die erste Frau in diesem Amt ist. Macht macht attraktiv, auf außenpolitischem Terrain hat sie eine gute Figur abgegeben und wird anerkannt, entsprechend positiv war die mediale Darstellung. Doch noch nicht einmal ihre Parteifreunde wissen heute genau, wofür Frau Merkel in der Sache steht und was die großen Linien der Politik sind, für die sie sich leidenschaftlich und mit letzter Konsequenz einsetzen würde.

Warum ist Herr Steinmeier jetzt beliebter? Er hat mit der Finanzkrise nicht wirklich zu tun und konnte sich heraushalten, bzw. mit wohlklingenden Allgemeinplätzen begnügen. Außenminister sind ohnehin eher beliebt, denn sie machen keine klaren sondern immer diplomatisch verbrämte Aussagen und sind stets medial attraktiv im Kreise der Wichtigen und auch Gerne-Großen präsent. Was aber hat der Schröder-Intimus in der Sache Besonderes geleistet für Platz 1 der Beliebtheitsskala?

Er bemüht sich erstmalig in einem Wahlkreis um Wähler, aber muffige Wirtshaushinterzimmer sind wohl noch nicht seine Welt und die Sprache der SPD-Parteibasis will erst gelernt werden. Er hat den Nahen Osten während des Gazakrieges besucht, sich für die Kameras und die Fernsehzuschauer vermeintlich in Gefahr begeben, er hat aber in der Sache nichts erreicht, was nach Lage der Dinge ohnehin vorhersehbar war. Er hat im Zusammenhang mit der Opel-Krise in schlecht imitiertem Gewerkschaftsjargon in unverantwortlicher Weise ohne sachliche Grundlage und Zuständigkeit den Opel-Mitarbeitern Hoffnungen gemacht, an die sich jetzt die SPD, ggf. zu Lasten der Steuerzahler, gebunden fühlt.

Jeder politisch Gebildete erkennt das als Wahlkampf am ungeeigneten Objekt und am falschen Ort. Und solch ein Politiker veröffentlicht auch noch ein Buch mit dem anmaßenden Titel „Mein Deutschland“. Mich als Teil Deutschlands besitzt er nicht!

Im Zusammenhang mit vernetzter Sicherheitspolitik agiert der Außenminister ungeschickt und wenig sachorientiert (siehe auch: Stümperhaft vernetzte Sicherheitspolitik) und ansonsten setzt er eher in Beamten- als in Politiker-Manier das um, was die leistungsfähigen Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes für Deutschland erarbeiten.

Trotz allem ist F-W S beliebt, denn es geht ja nicht um politisches Kalkül sondern um politisches Gefühl und das orientiert sich nur sehr oberflächlich an politischen Sachverhalten.

Nun ein sehr markantes Beispiel politischer Beliebtheit:

Bei Diskussionen habe ich häufiger die etwas provozierende Frage gestellt: „Wer ist Deutschlands erfolgreichster Politiker in Regierungsverantwortung?“ Wie aus der Pistole geschossen kam häufig die Antwort: Außenminister Fischer! Denn zu rot-grünen Zeiten war Herr Fischer der beliebteste Politiker. Weniger häufig wurde von etwas politischer Denkenden nachgefragt, woran denn Erfolg in dem Zusammenhang zu messen sei. Erfolg ergiebt sich bei dieser Fragestellung aus der Umsetzung von Parteiprogramm in Regierungspolitik. Die richtige Antwort muss deswegen meines Erachtens – an realisierter und nicht an gefühlter Politik orientiert – lauten: Jürgen Trittin! Hier ist allerdings hinzuzufügen, politischer Erfolg ja, aber leider nicht zum Wohle des deutschen Volkes. (siehe auch: Signal der Vernunft)

Bleibt die Frage zu beantworten, warum denn gerade Herr Fischer über lange Zeit so beliebt war. Da muss man sich zunächst einmal mit der Person Fischer auseinandersetzen.

Kurz vor Abschluss des 10. Schuljahres verlässt Fischer im März 1965 das Gymnasium. Er hat also keinen Schulabschluss. Eine Lehre als Fotograf bricht er schnell ab. Er verdient Geld in Gelegenheitsjobs und später als Taxifahrer. Er ist also ungelernter Arbeiter, oder, wenn man es weniger positiv betrachten will, eine „verkrachte Existenz“.

Von 1968 bis 1975 war Fischer Mitglied der militanten Gruppe „Revolutionärer Kampf“ und beteiligte sich mit seiner Frankfurter „Putztruppe“ aus Gewaltschlägern und Brandflaschenwerfern aktiv am Kampf gegen unser demokratisches System. Solche militanten Gruppen haben damals mögliche Verletzung oder Tod auch Unbeteiligter durchaus in Kauf genommen. Die 68er Bewegung machte es auch möglich, marxistische Hirngespinste für demokratischen Fortschritt zu halten und z.B. den Ideen des Massenmörders Mao kritiklos zu folgen.

Aus einer solch irregeleiteten kommunistischen Revoluzzergemeinschaft kommend gelang es dann dem redegewandten Fischer als Gründungsmitglied, die Grünen für sich und seine Ideen einzunehmen und auch zu prägen.

Warum ist ein ungelernter Arbeiter und gewaltbereiter Revoluzzer ohne Schulabschluss, der spätberufen dann auch im Rahmen unseres demokratischen Systems politisches Talent entwickelt, so beliebt?

Es kann nicht daran liegen, dass er sich als hessischer Minister in Turnschuhen vereidigen ließ oder 1984 zum Parlamentspräsidenten sagte: „Mit Verlaub Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“. Es muss eher daran liegen, dass sich die Bürger nicht mit der Person Fischer befasst und Teile der Medien die Vergangenheit Fischers bagatellisiert haben. Die Bürger sind offenbar auf das Show-Talent des wandlungsfähigen, instinktsicheren und geschickten Redners Fischer hereingefallen und rechnen ihm seinen nicht zu bezweifelnden Erfolg als Grünen-Politiker positiv an.

Bei genauerem Hinsehen und bei Prüfung der politischen Realität kann man hingegen keine besonderen politischen Verdienste des damaligen deutschen Außenministers feststellen. Er hat kein außenpolitisches Konzept entworfen und keine einzige nachhaltige außenpolitische „Ruckrede“ gehalten. Seine vermeintlichen Vermittlungen im Nahen Osten waren erfolglos und bleiben lediglich durch seinen gewohnt zerfurcht sorgenvollen Gesichtsausdruck , den ganzen Weltschmerz quasi alleine geschultert, in Erinnerung. Dass er es für seine „Reifeprüfung“ hält, die deutsche Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen – wenn auch aus meiner Sicht moralisch und politisch gerechtfertigten – Krieg unterstützt und ermöglicht zu haben, ist ein zweifelhaftes Eigenlob.

An sich ist er eine Fehlbesetzung als deutscher Außenminister und mit seiner Vita alles andere als ein Ruhmesblatt für das politische Selbstwertgefühl der deutschen Bürger.

Dass sich die renommierte amerikanische Princeton University später nicht zu schade ist und Herrn Fischer eine einjährige Gastprofessur eingerichtet hat, spricht nicht für diese Institution und hat wohl auch seine Ursache darin, dass man sich mit der Vita Fischers nicht oder zu spät auseinandergesetzt hat. Als man merkte, dass Herr Fischer ohne seinen Apparat nicht ganz so viel wissenschaftlich Fundiertes anzubieten hat, stellte man ihm flugs einen ordentlichen Professor zur Seite. Vom Erfolg dieses Jahres wurde in Deutschland nicht berichtet.

Die politische Leistung kann also kein Grund für die Beliebtheit von Herrn Fischer sein. Vielleicht ist es ja doch die Fähigkeit, über Lauftraining und Marathon 35 kg Gewicht zu verlieren. Die ihn „lieben“ sollten dabei aber nicht vergessen, dass ggf. auch eine gehörige Portion Disziplinlosigkeit dazugehört, 35 kg Übergewicht zu haben.

Und nun sagt dieser Mensch mit einer bodenlosen Arroganz: „Ich war einer der letzten Live-Rock´n´Roller der deutschen Politik. Jetzt kommt in allen Parteien die Playback-Generation.“ Wenn er sich, abgeleitet von der Jugend-Protestkultur, als Underdog und frei von bürgerlicher Moral sieht, dann mag er mit seiner Vita genau richtig liegen. Er sieht sich selbst aber als Original, als politisches Urgestein und stempelt die, die jetzt Verantwortung tragen, zu Abziehbildern. Die weniger politikmündigen deutschen Bürger nehmen ihm das genauso wenig übel wie seine Rolle in der Visa-Affäre oder die Tatsache, dass er sich erst 2001 unter Druck von seiner früheren Gewaltbereitschaft distanziert hat. Und Herr Özdemir merkt nicht, wie herabwürdigend der „Altmeister“ ihn behandelt und empfiehlt ihn für herausgehobene politische Ämter.

Die langjährige Beliebtheit dieses Politikers wirft ein miserables Licht auf die politische Mündigkeit deutscher Bürger!

Politische Beliebtheit ist etwas sehr Positives, wenn sie durch politische Fähigkeiten, staatsmännische Leistung, soziale Kompetenz und menschlich persönlicher Integrität und Glaubwürdigkeit begründet ist. Die zunehmende Politikunfähigkeit der Bürger aufgrund eingeschränkter politischer Bildung und die damit einhergehende größer werdende Abhängigkeit von politischem Bauchgefühl machen die Wähler abhängig von der medialen Präsentation und anfällig für politische Manipulation und Verführung. Nicht umsonst korreliert mangelnde politische Bildung mit radikalen Einstellungen und Fremdenfeindlichkeit.

Wenn zu viele falsche Politiker aufgrund von Bauchgefühlen beliebt sind, dann rüttelt das immer auch an den Grundprinzipien unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, die den politisch mündigen Bürger zur unabdingbaren Voraussetzung hat.

(24.März 2009)

 

 

 

 

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