Fehlerhafte Wehrpflicht-Debatte
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Fehlerhafte Wehrpflicht-Debatte (25.07.2010)

 

Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) hat schon Recht, wenn er der Koalition einen unverantwortlichen Umgang mit der Bundeswehr vorwirft und im „Spiegel“ sagt: „Die Bundesregierung hat die Wehrpflicht in Richtung Sinnlosigkeit verkürzt und so zerstört“. Rühe meint den Grundwehrdienst, aber sei es drum.

Der unverantwortliche Umgang mit der Wehrpflichtarmee Bundeswehr begann damit, dass der meist ahnungslos wirkende Verteidigungsminister Jung (CDU) und die offensichtlich wenig begabte „Verteidigungsexpertin“ Homburger (FDP) mit der Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate einen falschen und faulen Kompromiss ausgehandelt haben. Der unverantwortliche Umgang ging damit weiter, dass die Parteivorsitzenden der christlich-liberalen Koalition diesen Unsinn zum Gegenstand des Koalitionsvertrages haben werden lassen. Der noch neue und von Wichert/Schneiderhan schlecht beratene Minister hat sich vor diesen weder einsatztauglichen noch geländegängigen Karren gespannt und wissen lassen, dass man daraus schon etwas Sinnvolles machen werde. Es wurde sehr schnell deutlich, dass aus Unsinn nicht wirklicher Sinn zu machen ist.

Spätestens jetzt hätte eine allgemeine und grundsätzliche sicherheitspolitische Diskussion über die Zukunft der Bundeswehr - mit oder ohne Wehrpflicht - geführt werden müssen. Die keineswegs grundsätzliche und teilweise verlogen geführte Diskussion drehte sich aber dann weniger um die Sinnhaftigkeit eines sechsmonatigen Grundwehrdienstes als um die negativen Auswirkungen auf den Zivildienst. Von den Politikern, die sich jetzt pathetisch zu Wort melden, hat man damals nichts gehört.

Das Spardiktat, dem sich der Minister nach der Kabinettsklausur unterworfen sah, bot dann die Möglichkeit, gesichtswahrend mit dem Unsinn des sechsmonatigen Grundwehrdienstes Schluss zu machen oder aber auch die Wehrpflicht als Hebel für eine Milderung des Sparzwanges zu nutzen. Die politischen Fehler in diesem Zusammenhang liegen darin begründet, dass die Kassenlage nicht die grundgesetzlich verankerte Wehrform Deutschlands bestimmen kann und die Allgemeine Wehrpflicht für die Nachkriegsgeschichte Deutschlands zu wichtig ist, um damit zu taktieren.

Nun wird die Diskussion wiederum nicht grundsätzlich geführt, aber weniger wichtige Landespolitiker nutzen die Sommerpause für plakative Wortmeldungen zur Unzeit. Ministerpräsident Peter Müller und seine Thüringer Kollegin Christine Lieberknecht sind grundsätzlich für die Beibehaltung der Wehrplicht: „Unsere Bundeswehr ist eine Armee der Söhne und Töchter. Die Verankerung in der Bevölkerung ist ein hohes Gut“, sagte Lieberknecht. Müller betonte: „Die Wehrpflicht ist ein Stück Identität der Union. Wer an ihr rütteln will, braucht eine sehr gute Begründung.“

Schön wäre es, wenn die Bundeswehr in der Bevölkerung verankert wäre. Die Bevölkerung verhält sich vielmehr trotz Wehrpflicht den Staatsbürgern in Uniform gegenüber sehr indifferent sowie mehrheitlich höchstens „freundlich desinteressiert“. Auch sollte man eigentlich doch davon ausgehen können, dass Freiwillige sowie Berufs- und Zeitsoldaten ebenfalls „Söhne und Töchter“ sind, die im Auftrag des Deutschen Bundestages in Afghanistan und anderswo in der Welt ihr Leben riskieren. Und dass die Wehrpflicht „ein Stück Identität der Union“ ist, konnte ich in 40 Jahren Dienst als Soldat nicht erkennen, zumindest nicht an der praktizierten Politik der Union. So bleiben diese Aussagen eher Phrasen und machen die Politiker nicht glaubwürdiger.

Statt die Zerstrittenheit der Koalitionsparteien meist eitel weiter zur Schau zu stellen, sollten die Unionspolitiker doch erst einmal abwarten, welche Vorschläge Verteidigungsminister zu Guttenberg im September mit welchen Begründungen zur neuen Struktur der Bundeswehr macht. Auf dieser sachlichen Grundlage können sich dann alle Politiker grundsätzlich und fundiert in die Diskussion einbringen. Und am Ende der grundsätzlichen Debatte sollte eine klare mehrheitsfähige Entscheidung getroffen werden. Plakative Phrasen helfen kein „gutes Stück“ weiter und helfen vor allem den Soldaten der Bundeswehr nicht.

Natürlich birgt das ins Auge gefasste „Aussetzen“ die Gefahr der Abschaffung der Wehrpflicht in sich. Dieser Gefahr können die verantwortlichen Politiker aber doch entgegenwirken. Immerhin müsste das Grundgesetz geändert werden und das braucht schon den Konsens der Demokraten. Konditioniertes Aussetzen der Wehrpflicht ist aber besser als von jungen Staatsbürgern einen militärisch unsinnigen und sicherheitspolitisch nicht zu begründenden, zu kurzen Wehrdienst abzuverlangen.

Mit zu kurzer Grundwehrdienstdauer wird diese Wehrpflicht ad absurdum geführt. Wir sollten von solchen Zumutungen ideologiefrei Abstand nehmen.

(25.07.2010)

 

 

 

 

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